Alles Sprechen und Schreiben heißt würfeln um den Gedanken. Wie oft fällt nur ein Auge, wenn alle sechs fallen sollten.
Christian Friedrich Hebbel
Ausführlichere Informationen auf der Website des Deutschen Buchpreises:Melinda Nadj Abonji erzählt, aus der Perspektive der Tochter Ildiko, die Geschichte einer ungarischen Familie aus der serbischen Vojvodina, die sich eine Existenz in der Schweizer Gastronomie gründet. Sie erzählt es mit einer eigenen und äußerst lebendigen Stimme, zunächst noch mit dem Blick des Kindes auf die Welt, dem alles neu ist und sich doch von selbst versteht, dann der jungen Frau, die allmählich die Brüche in und zwischen diesen sehr verschiedenen Welten wahrnimmt, immer aber mit einer großen Empathie und Humanität. Was als scheinbar unbeschwerte Balkan-Komödie beginnt, wenn die Familie mit einem klapprigen braunen Chevrolet die sommerliche Reise in die alte Heimat antritt - darauf fallen bald die Schatten der Geschichte und der sich anbahnenden jugoslawischen Kriege. So gibt das Buch „Tauben fliegen auf“ das vertiefte Bild eines gegenwärtigen Europa im Aufbruch, das mit seiner Vergangenheit noch lang nicht abgeschlossen hat.
Systematische Sinnlosigkeit kennzeichnet auch zunehmend die öffentliche Kommunikation in Deutschland.
In der Folge wird aber das eigentliche Thema übergangen, ja tabuisiert: Sobald Wörter als Reizbegriffe besetzt sind, darf über den inhaltlichen Teil nicht mehr gesprochen werden, unter Androhung von Stigmatisierung und eines Folgeskandals. Dies führt letzlich dazu, daß die öffentliche Diskussion zwar zweckerfüllend im Sinne der Einschaltquoten und Auflage ist, aber sinnfrei für die gesellschaftliche und politische Aufklärung wird. Und es führt zu einer Verarmung der Sprache.Wer in Deutschland mit Sondergewinnspannen auf dem Empörungsmarkt rechnet, der spekuliert meist richtig. Man muß nur frühzeitig auf einen Bösewicht zeigen, der etwas unbotmäßiges von sich gibt.
Der kompletten Radiobeitrag im Deutschlandfunk läßt sich hier nachhören:Wenn irgendjemand irgendeine Behauptung aufstellt, dann können sich zwei unterschiedliche Debatten daran anschließen. Bei der einen geht es darum, ob die Behauptung stimmt. Bei der anderen darum, was daraus folgt und aufgrund welcher Motive die Behauptung aufgestellt wurde. Im einen Fall geht es um Wahrheit, im anderen um Wirkung. Die beiden Gebiete können sich zwar berühren, aber sie müssen es nicht. Deshalb gehört es zu den Grundregeln der Diskurslogik, daß man Wahrheit und Wirkung nicht vermischt, sondern getrennt betrachtet.
Diskurslogik ist etwas, das man im Alltag ständig braucht. Denn als hochkomplexe Wesen in einer hochkomplexen Welt laufen wir ständig Gefahr, peinliche, ärgerliche oder gefährliche Mißverständnisse zu produzieren.
Richtschnur dafür ist nicht die Verfassung, sondern daß das Dafürhalten von Leuten, die mit Büchern vor allem eines nicht machen: sie lesen.